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Energie & Management > Klimaschutz - Stahlverband und BMWK über grünen Stahlstandard einig
Quelle: Fotolia / bluedesign
Klimaschutz

Stahlverband und BMWK über grünen Stahlstandard einig

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl und das Wirtschaftsministerium (BMWK) haben auf der Hannover Messe den „Low Emission Steel Standard“ (LESS) präsentiert.
Bisher fehlte es der deutschen Stahlindustrie an einer allseits akzeptierten Norm für Stahl, der mit weniger CO2-Emissionen produziert wird als herkömmliches Material. Damit soll nun Schluss sein: Die Wirtschaftsvereinigung Stahl und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) präsentierten auf der Hannover Messe den „Low Emission Steel Standard“ (LESS).

Damit habe man gemeinsam einen Grundstein für die Entwicklung grüner Leitmärkte für klimafreundlichen Stahl gelegt, so die WV Stahl.

Es gibt aber auch kritische Stimmen. „Ich habe Zweifel daran, ob sich diese Definition im internationalen Wettbewerb durchsetzen wird“, sagte Stahlexperte Andreas Schneider von Stahlmarkt Consult auf Nachfrage von MBI Stahl Monitor.

Die neue Kennzeichnung für CO2-armen Stahl beruht auf Ergebnissen des vom BMWK durchgeführten breiten Stakeholder-Prozesses „Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe“. An dieser einjährigen Vorbereitungsphase nahmen Vertreter der Stahlbranche, NGO, Denkfabriken und die Politik teil. 

Standard für Hochofen-Route und Elektrolichtbogen-Verfahren

LESS vereine erstmals beide Routen der Stahlproduktion – sowohl die konventionelle Hochofen-Route im Übergang zu CO2-armen wasserstoffbasierten Produktionsverfahren wie auch die heute schon CO2-arme schrottbasierte Elektro-Stahlproduktion, unterstrich die WV Stahl. Der Standard ermögliche eine Vergleichbarkeit der Dekarbonisierungseffekte beider Routen.

Herzstück ist das Kennzeichnungssystem, das stufenförmig eine Klassifizierung von CO2-arm hergestelltem Stahl ermögliche. Zugleich müssen Unternehmen, die sich nach LESS zertifizieren, ihre Schrottquote wie auch den im Stahl-Fertigprodukt enthaltenen produktbezogenen Kohlenstoff-Fußabdruck (PCF) ausweisen. Stahlverwender erhielten somit alle Informationen, die sie benötigen, um ihre Klimaziele mithilfe von CO2-arm hergestelltem Stahl zu dokumentieren. „Die Frage nach einer Grünstahl-Definition wird weltweit schon seit langem intensiv diskutiert. Ich freue mich, dass es mit vereinten Kräften gelungen ist, eine auf internationalen Regeln und Standards basierende und breit konsentierte Lösung zu entwickeln, die wir nun in die Umsetzung bringen“, betonte Bernhard Osburg, Chef von Thyssen Krupp Steel und Präsident der WV Stahl.

Ein Unternehmen, das den neuen Standard testen wird, ist die Georgsmarienhütte GmbH. „Wir begrüßen LESS“, sagte Anne-Marie Großmann, Mitglied der Geschäftsführung und Gesellschafterin der GMH Gruppe. Die Kunden erhielten mit dem Label die Sicherheit, dass sie tatsächlich CO2-arm hergestellten Stahl kaufen und ihr eigenes Produkt entsprechend CO2-reduziert vermarkten könnten. Auch die Swiss Steel lobte, dass eine Lösung gefunden worden sei.

Service-Center Stahlo zeigt sich erfreut

LESS sei „ein erfreulicher und sehr relevanter Schritt, um CO2-reduzierten Stahl breiter in die Märkte zu bringen“, teilte Oliver Sonst, Geschäftsführer von Stahlo, auf Anfrage mit. Als Stahlservice-Center habe man schon 2022 ein eigenes Label für emissionsarmen Stahl eingeführt. „Jetzt adaptieren wir gerne auf den abgestimmten LESS-Standard“, fügte Sonst hinzu. Auch der drittgrößte deutsche Stahlhersteller Dillinger / Saarstahl begrüßte LESS.

Deutlich skeptischer äußert sich Andreas Schneider von Stahlmarkt Consult. Er bezweifelt, ob sich LESS international durchsetzen wird. Dies gelte besonders für die USA, wo bereits heute ein großer Teil der Stahlerzeugung über die umweltfreundlichere EAF-Route in Elektro-Stahlwerken erfolgt. Die Hochofen-Route schneide bei der Bilanzierung von CO2-Emissionen immer schlechter ab als das EAF-Verfahren, so Schneider: „Dieses Faktum lässt sich nicht wegdiskutieren.“ LESS lasse die Hochofen-Route seiner Einschätzung nach „besser aussehen, als sie ist“.

Vorstufe für öffentliche Vergaben

Im Hinterkopf behalten muss man laut Schneider auch, dass der Großteil der europäischen Flachstahl-Produktion nach wie vor über die Hochofen-Route erzeugt wird: „Das ist in vielen Weltregionen heute schon anders.“ Für Deutschland allerdings sei LESS als Vorstufe für die Vergabepraxis in der öffentlichen Beschaffung wichtig. Die Rückendeckung der Politik habe man auf jeden Fall. 

Klöckner & Co bietet unter der Marke Nexigen eigenen Angaben zufolge bereits transparente, CO2-reduzierte Material-, Service- und Logistiklösungen an. „Wir bleiben bei unserem kundenzentrierten Ansatz, der sich konsequent nach den Bedürfnissen unserer Abnehmerindustrien ausrichtet“, machte Klöckner-Sprecher Christian Pokropp auf Anfrage deutlich. Die Kunden wollten „bis aufs Kilogramm genau wissen, welchen CO2-Fußabdruck ein Produkt hat“. Dabei spiele die Produktionsroute keine Rolle.

Freitag, 3.05.2024, 12:52 Uhr
Mark Krieger
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Die Wirtschaftsvereinigung Stahl und das Wirtschaftsministerium (BMWK) haben auf der Hannover Messe den „Low Emission Steel Standard“ (LESS) präsentiert.
Bisher fehlte es der deutschen Stahlindustrie an einer allseits akzeptierten Norm für Stahl, der mit weniger CO2-Emissionen produziert wird als herkömmliches Material. Damit soll nun Schluss sein: Die Wirtschaftsvereinigung Stahl und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) präsentierten auf der Hannover Messe den „Low Emission Steel Standard“ (LESS).

Damit habe man gemeinsam einen Grundstein für die Entwicklung grüner Leitmärkte für klimafreundlichen Stahl gelegt, so die WV Stahl.

Es gibt aber auch kritische Stimmen. „Ich habe Zweifel daran, ob sich diese Definition im internationalen Wettbewerb durchsetzen wird“, sagte Stahlexperte Andreas Schneider von Stahlmarkt Consult auf Nachfrage von MBI Stahl Monitor.

Die neue Kennzeichnung für CO2-armen Stahl beruht auf Ergebnissen des vom BMWK durchgeführten breiten Stakeholder-Prozesses „Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe“. An dieser einjährigen Vorbereitungsphase nahmen Vertreter der Stahlbranche, NGO, Denkfabriken und die Politik teil. 

Standard für Hochofen-Route und Elektrolichtbogen-Verfahren

LESS vereine erstmals beide Routen der Stahlproduktion – sowohl die konventionelle Hochofen-Route im Übergang zu CO2-armen wasserstoffbasierten Produktionsverfahren wie auch die heute schon CO2-arme schrottbasierte Elektro-Stahlproduktion, unterstrich die WV Stahl. Der Standard ermögliche eine Vergleichbarkeit der Dekarbonisierungseffekte beider Routen.

Herzstück ist das Kennzeichnungssystem, das stufenförmig eine Klassifizierung von CO2-arm hergestelltem Stahl ermögliche. Zugleich müssen Unternehmen, die sich nach LESS zertifizieren, ihre Schrottquote wie auch den im Stahl-Fertigprodukt enthaltenen produktbezogenen Kohlenstoff-Fußabdruck (PCF) ausweisen. Stahlverwender erhielten somit alle Informationen, die sie benötigen, um ihre Klimaziele mithilfe von CO2-arm hergestelltem Stahl zu dokumentieren. „Die Frage nach einer Grünstahl-Definition wird weltweit schon seit langem intensiv diskutiert. Ich freue mich, dass es mit vereinten Kräften gelungen ist, eine auf internationalen Regeln und Standards basierende und breit konsentierte Lösung zu entwickeln, die wir nun in die Umsetzung bringen“, betonte Bernhard Osburg, Chef von Thyssen Krupp Steel und Präsident der WV Stahl.

Ein Unternehmen, das den neuen Standard testen wird, ist die Georgsmarienhütte GmbH. „Wir begrüßen LESS“, sagte Anne-Marie Großmann, Mitglied der Geschäftsführung und Gesellschafterin der GMH Gruppe. Die Kunden erhielten mit dem Label die Sicherheit, dass sie tatsächlich CO2-arm hergestellten Stahl kaufen und ihr eigenes Produkt entsprechend CO2-reduziert vermarkten könnten. Auch die Swiss Steel lobte, dass eine Lösung gefunden worden sei.

Service-Center Stahlo zeigt sich erfreut

LESS sei „ein erfreulicher und sehr relevanter Schritt, um CO2-reduzierten Stahl breiter in die Märkte zu bringen“, teilte Oliver Sonst, Geschäftsführer von Stahlo, auf Anfrage mit. Als Stahlservice-Center habe man schon 2022 ein eigenes Label für emissionsarmen Stahl eingeführt. „Jetzt adaptieren wir gerne auf den abgestimmten LESS-Standard“, fügte Sonst hinzu. Auch der drittgrößte deutsche Stahlhersteller Dillinger / Saarstahl begrüßte LESS.

Deutlich skeptischer äußert sich Andreas Schneider von Stahlmarkt Consult. Er bezweifelt, ob sich LESS international durchsetzen wird. Dies gelte besonders für die USA, wo bereits heute ein großer Teil der Stahlerzeugung über die umweltfreundlichere EAF-Route in Elektro-Stahlwerken erfolgt. Die Hochofen-Route schneide bei der Bilanzierung von CO2-Emissionen immer schlechter ab als das EAF-Verfahren, so Schneider: „Dieses Faktum lässt sich nicht wegdiskutieren.“ LESS lasse die Hochofen-Route seiner Einschätzung nach „besser aussehen, als sie ist“.

Vorstufe für öffentliche Vergaben

Im Hinterkopf behalten muss man laut Schneider auch, dass der Großteil der europäischen Flachstahl-Produktion nach wie vor über die Hochofen-Route erzeugt wird: „Das ist in vielen Weltregionen heute schon anders.“ Für Deutschland allerdings sei LESS als Vorstufe für die Vergabepraxis in der öffentlichen Beschaffung wichtig. Die Rückendeckung der Politik habe man auf jeden Fall. 

Klöckner & Co bietet unter der Marke Nexigen eigenen Angaben zufolge bereits transparente, CO2-reduzierte Material-, Service- und Logistiklösungen an. „Wir bleiben bei unserem kundenzentrierten Ansatz, der sich konsequent nach den Bedürfnissen unserer Abnehmerindustrien ausrichtet“, machte Klöckner-Sprecher Christian Pokropp auf Anfrage deutlich. Die Kunden wollten „bis aufs Kilogramm genau wissen, welchen CO2-Fußabdruck ein Produkt hat“. Dabei spiele die Produktionsroute keine Rolle.

Freitag, 3.05.2024, 12:52 Uhr
Mark Krieger

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